In einem Betrieb zu arbeiten – das ist Alltag für einen Großteil der meisten Erwerbstätigen in Deutschland. Dabei ist dieser Betrieb nicht allein ein Ort zum Arbeiten, sondern auch des Austauschs, der Zusammenarbeit des Miteinanders zwischen Kolleginnen und Kollegen. Davon profitieren nicht nur die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern häufig auch der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens. Die Pandemie hat dieses alltägliche Fundament jedoch auf eine harte Probe gestellt. Das persönliche Beisammensein geht plötzlich mit schwer einschätzbaren gesundheitlichen Risiken einher. Zusammenarbeit und Kommunikation muss deshalb oftmals unter neuen Voraussetzungen stattfinden.
Die Pandemie hat zu einer stärkeren Wahrnehmung und Wertschätzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in den Betrieben geführt. Dies gilt auch für die zentralen Akteure, wie die Sicherheitsfachkräfte, die Betriebsärzte und die Verantwortlichen für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Abstands- und Hygieneregeln, Lüftungsmaßnahmen, Maskenpflicht oder die Arbeit von zu Hause wurden im Verlauf der Pandemie ergänzt durch Teststrategien, Impfangebote und die Umsetzung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz.
Bei alldem ist es von großer Bedeutung, den betrieblichen Zusammenhalt bestmöglich zu stärken und die organisationale Resilienz – perspektivisch auch über die Pandemie hinaus – auszubauen.
Langfristig gilt es, ein hohes Niveau des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei Arbeit in Präsenz, bei mobiler Arbeit und bei Arbeit von zu Hause zu gewährleisten. Dies bedarf differenzierter Konzepte, bei denen verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen , wo immer möglich, ineinandergreifen. Dafür stehen die Akteure des betrieblichen Arbeitsschutzes gemeinsam mit den Fach- und Führungskräften sowie den Sozialpartnern in der Verantwortung.
„Nahezu zwei Dritteln der Betriebe ist es ein Anliegen, den Arbeitsschutz bei betrieblichen Entscheidungen künftig stärker zu berücksichtigen (Tisch et al. 2021).“
Der hohe Investitionsbedarf in den personenbezogenen, sozialen Dienstleistungen ist in der Pandemie offen zutage getreten. So müssen die räumlich-technischen Voraussetzungen für geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen sowie die digitale Ausstattung und die notwendige Infrastruktur verbessert werden. Die verträgliche Gestaltung von Arbeitszeiten, angemessene Entlohnung und ausreichende Spielräume für interprofessionelle Kooperation und Koordination sind wesentliche Anknüpfungspunkt für die notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Von zentraler Bedeutung ist die Sicherstellung von ausreichendem und ausreichend qualifiziertem Personal durch eine bedarfsgerechte Personalbemessung.
"Während der Pandemie sind die Arbeitsbedingungen zusätzlich durch ein erhöhtes Infektionsrisiko und zusätzliche Hygieneauflagen, aber auch durch Herausforderungen in der Kommunikation gekennzeichnet (Hoffmann et al. 2021). Neben Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegesektor gilt dies im besonderen Maße auch für Lehrkräfte (Köstner et al. 2021 ) sowie für Erzieherinnen und Erzieher."
Ortsflexibles Arbeiten, insbesondere das sogenannte Homeoffice, war und ist ein wichtiges Instrument zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und der Kontaktreduzierung im Pandemiemanagement. Die Verbreitung und Entwicklung dieser Arbeitsform wurde durch die Pandemie stark vorangetrieben.
Dabei musste das ortsflexible Arbeiten häufig ad hoc initiiert und ausgebaut werden. Während Telearbeit durch die Arbeitsstättenverordnung geregelt ist, sind die Regelungen für das sogenannte mobile Arbeiten und im Speziellen für das Homeoffice wesentlich weniger konkret (z.B. im Hinblick auf Fragen der Ergonomie).
Um das Potenzial des hybriden Arbeitens nutzen zu können und negative Folgen zu verhindern, unterstreicht der Rat nochmals die Empfehlung aus seinem ersten Arbeitswelt-Bericht und empfiehlt ausdrücklich aus den Erfahrungen zu lernen und betriebliche und ggf. gesetzliche Regelungen für das mobile Arbeiten im Homeoffice zu treffen
"Empirische Studien legen nahe, dass das hybride Arbeiten – also die zeitweilige Arbeit auch von Zuhause aus – für viele Beschäftigte zur neuen Normalität werden wird. Dies gilt in besonderer Weise für Beschäftigte in Großbetrieben (Backhaus et al. 2021)."
Es wird künftig anspruchsvoller sein, betriebliche Kommunikationsprozesse auf den unterschiedlichsten Ebenen zu organisieren, vor allem dann, wenn Beschäftigte vor Ort mit ihren mobil arbeitenden Kolleginnen und Kollegen kommunizieren müssen.
Es gilt den formellen wie informellen Austausch virtuell wie auch vor Ort zu gestalten und Gelegenheiten zum Austausch zu fördern.
Besonders in Krisenzeiten zeigt sich, dass soziale Unterstützung eine zentrale Ressource für die Bewältigung von Anforderungen bei der Arbeit darstellt. Betriebliche Kommunikation und Interaktion treiben nicht nur kreative Prozesse voran, sondern fördern auch das Zugehörigkeitsgefühl. Soziale Beziehungen ermöglichen den offenen Wissensaustausch und schnelle Informationsflüsse. Sie fördern eine vertrauensvolle Kooperation und die Identifikation mit dem Unternehmen. Der Rat bestärkt daher die Empfehlung des ersten Arbeitswelt-Berichts, dort wo ortsflexibles Arbeiten betrieblich umsetzbar ist, einen angemessenen Mix aus Präsenzbetrieb und ortsflexiblem Arbeiten anzustreben.
"Gerade die informelle Kommunikation, die für den sozialen Zusammenhalt und die soziale Unterstützung ebenso wichtig sind wie für die Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten, werden durch mediale Kommunikation nach Einschätzung von vielen Beschäftigten nur teilweise unterstützt (Prinz 2021)."
Präsentation zum Positionspapier des Rats der Arbeitswelt (Isabel Rothe / Prof. Dr. Ulrich Walwei)
Eine Veranstaltung des Rats der Arbeitswelt
Am 20. Januar 2022 fand anlässlich der Veröffentlichung des Positionspapiers eine Paneldiskussion statt. Die zweistündige Veranstaltung wurde per Livestream aus der Autostadt Wolfsburg auf das Arbeitswelt-Portal übertragen.
Die Veranstaltung wurde durch den Sprecher des Rats der Arbeitswelt Mathias Möreke eröffnet. Daraufhin folgte ein Grußwort durch Gunnar Kilian, Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG, Personal und Truck & Bus. Die Vorstellung des Positionspapiers übernahmen die beiden Ratsmitglieder Isabel Rothe, Präsidentin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und Prof. Dr. Ulrich Walwei, Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der betrieblichen Praxis, darunter Daniela Cavallo, Betriebsrats-Vorsitzende der Volkswagen AG, und Tobias Hoffmann, Geschäftsführer Hoffmann Maschinen und Apparatebau und Präsident der IHK Braunschweig, der Politik, vertreten durch Staatssekretärin Leonie Gebers des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, sowie den Sozialpartnern, vertreten durch Alexander Gunkel, Mitglied der BDA-Hauptgeschäftsführung, und Dr. Mehrdad Payandeh, DGB-Vorsitzender des Bezirks Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt, diskutierte der Rat auf Grundlage seines Positionspapiers unter anderem die folgenden Fragen:
Das Panel wurde von Armin Maus, Geschäftsführer der Autostadt Wolfsburg, moderiert.
Betriebe sind nicht nur Orte der Wertschöpfung. Sie sind auch geprägt vom sozialen Miteinander der Beschäftigten und erfüllen wichtige gesellschaftliche Funktionen. Aktuell prägen Fragen des Gesundheits- und Infektionsschutzes betriebliche Gestaltungsfragen, langfristig fordern Megatrends wie die Digitalisierung und Globalisierung den Betrieb als sozialen Ort heraus.
Welche Entwicklungen dabei zentral sind, welche Fragen sich Politik und Betriebe angesichts dieser Herausforderungen stellen müssen und welche Lösungsansätze in Wissenschaft und Praxis aktuell diskutiert werden behandeln unsere Beiträge aus vielfältigen Perspektiven.