Wie entwickeln sich Löhne? – Diese Frage ist aus ganz unterschiedlichen Perspektiven interessant. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freuen sich über Gehaltserhöhungen, weil zusätzliches Geld finanzielle Spielräume ermöglicht. Wer viel verdient, kann sich viel leisten – und kurbelt mit seiner Kaufkraft die Wirtschaft an.
Je besser die wirtschaftliche Lage, umso größer sind wiederum die Verteilungsspielräume, die Unternehmen haben, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Erfolg auch finanziell zu beteiligen. In konjunkturstarken Jahren steigen vielfach auch die Löhne, während sie in schwachen Jahren eher stagnieren.
Statistiken zeigen, dass die Löhne in Deutschland sich in unterschiedlichen Branchen, Berufsgruppen und Bevölkerungsschichten unterschiedlich entwickeln. Ein Beispiel: Werden Personen nach ihren Verdiensten sortiert und anschließend in zehn gleich große Gruppen eingeteilt, verdienten die untersten drei Lohngruppen im Jahr 2018 real weniger als im Jahr 1995. Fast alle höheren Lohngruppen verdienten 2018 hingegen mehr.
„Die Gehaltsschere geht immer weiter auseinander!“ – Solche und ähnliche Aussagen wurden jahrelang in deutschen Talkshows diskutiert. Seit ein paar Jahren zeigen die Daten, dass sich die Schere der Bruttostundenlöhne langsam schließt: Die Löhne zwischen Gering- und Gutverdienenden nähern sich in ihrer Entwicklung vorsichtig an. Die Ungleichheit der Bruttomonatseinkommen hingegen ist bis Mitte der 2000er Jahre angestiegen und verharrt seitdem auf einem höheren Niveau.
In Ostdeutschland steigen die Löhne seit 2014 stärker an als in Westdeutschland, allerdings sind die Durchschnittslöhne im Westen weiterhin höher als im Osten. Zudem haben sich die Lohnunterschiede je nach Betriebsgröße in den vergangenen 30 Jahren verschärft. Außerdem erzielten Tarifbeschäftigte höhere Lohnzuwächse als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einzeln für ihre Gehälter stritten. Sie sind auf der Suche nach mehr Fakten zum Thema?
Zahlreiche Einflussfaktoren wirken auf die Lohnentwicklung ein. Zum Beispiel die fortschreitende Digitalisierung: Einige Berufe verändern sich aufgrund des technologischen Fortschritts rasant oder werden sogar überflüssig. Gleichzeitig beeinflussen aber auch Faktoren wie die eigene Ausbildung oder Zusatzqualifikationen die Entwicklung der Verdienste. Die Firmen lassen sich die Verpflichtung hochspezialisierter und stark nachgefragter Fachkräfte etwas kosten – steigende Löhne sind die Folge.
Wie in der Grafik zu sehen ist, spielen auch individuelle Faktoren - wie z.B. Qualifikation, Tätigkeit, Kompetenz – bei der Lohnentwicklung eine Rolle.
Die wissenschaftliche Analyse von Einflussfaktoren auf ungleichmäßige Lohnsteigerungen ist von enormer politischer Relevanz. Nur so können Maßnahmen entwickelt werden, um gesellschaftlich gewünschte Entwicklungen zu begünstigten.
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Am Lohnfindungsprozess sind ganz unterschiedliche Akteurinnen und Akteure beteiligt. In Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind, verhandeln Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Vorgesetzten über Einstiegsgehalt und Gehaltserhöhungen. Nicht tarifgebundene Unternehmen orientieren sich bei ihren Spielräumen häufig an Tarifverträgen, an branchenüblicher Entlohnung oder haben sogar eigene Gehaltsraster entwickelt. Beide Seiten tragen ihre Argumente vor – ob es mehr Geld gibt oder nicht, ist letztlich aber auch eine Frage des individuellen Verhandlungsgeschicks. In tarifgebundenen Unternehmen handeln Sozialpartner, also Gewerkschaften und Arbeitgebervertreterinnen und -vertreter, kollektive Regelungen im Rahmen von Tarifverträgen aus. Dadurch verhandeln sie zum einen reine Lohnzuwächse von Beschäftigtengruppen und beeinflussen dadurch zum anderen branchenübergreifende Lohnunterschiede sowie Lohnstrukturen innerhalb von Unternehmen. In Deutschland ist diese Tarifautonomie durch das Grundgesetz geschützt.
Auch die Politik kann Lohnentwicklungen und -strukturen beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015, die zu einer Steigerung von niedrigen Löhnen führte.
Steigende Löhne können die Zufriedenheit der Beschäftigten erhöhen und dadurch bessere Arbeitsleistungen fördern. Gleichzeitig bedeuten Lohnsteigerungen in der Regel höhere Arbeitskosten für die Unternehmensseite – eine Perspektive, die bei einer Bewertung nicht unberücksichtigt bleiben sollte. Die Lohnentwicklung ist daher insbesondere für Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen, wie beispielsweise im produzierenden Gewerbe, stets im Zusammenhang mit der Produktivitätsentwicklung zu betrachten.