Aus Chemikalien Medikamente und andere Produkte herstellen, Maschinen überwachen, fertige Produkte abfüllen: Die Aufgabe von Chemikanten ist heute immer noch ähnlich wie vor Jahrzehnten. Stark verändert hat sich aber die Art des Arbeitens, berichten Ingo Roth (54) und Janka Lepper (23). Sie arbeiten beide als Chemikanten beim Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim in Rheinland-Pfalz. Wie Touchscreens an die Stelle von Hammer und Schraubenzieher traten und warum der Job viel Sicherheit bietet.
25.000 junge Menschen befanden sich Anfang 2023 in der Ausbildung zu einem der naturwissenschaftlichen, technischen oder kaufmännischen Berufe der Chemie- und Pharma-Branche. Besonders nachgefragt bei den Unternehmen ist laut Arbeitgeberverband BAVC: der Chemikant. Auch Berufe wie Pharmakant, Elektroniker, Industriemechaniker oder Mechatroniker sind sehr wichtig. Wie der BAVC berichtet, erhöhten die Unternehmen ihr Angebot an neuen Ausbildungsplätzen 2022 im Vergleich zum Vorjahr deutlich – von 9265 auf 8575 neu angebotene Ausbildungsplätze.
Arbeitsalltag & Wandel
Als ich 1985 meine Ausbildung begann, nannte sich der Beruf noch Chemiefacharbeiter. Und die Arbeit war viel härter als heute: Ich habe Säcke und Fässer durch die Fabrikhalle geschleppt, die bis zu 50 Kilogramm wogen. Die darin enthaltenen Stoffe habe ich in einen offenen Kessel geschaufelt. Ventile an den Maschinen wurden per Hand bedient. Einerseits war es früher schön, beobachten zu können, was sich tut, wenn man Chemikalien zusammenmischt oder Knöpfe drückt. Aber es passierten auch deutlich mehr Unfälle. Heute ist die Arbeit viel sicherer. Vieles lässt sich per Computer steuern.
Kompetenzen
Früher war handwerkliches Geschick und die Gabe der Improvisation für Chemikanten essenziell. Für fast alles wurden Werkzeuge benötigt, Hammer und Schraubenzieher waren am wichtigsten. Damit habe ich sogar die Kessel gereinigt: Chemikalienreste musste ich damit per Hand entfernen. Heute werden die Kessel durch Reinigungsprogramme gesäubert. Selbst Hand anlegen muss man nur noch bei wenigen Arbeitsschritten – manchmal muss man zum Beispiel mit einem Kupplungsschlüssel Leitungen oder Schläuche verbinden. Insgesamt ist eine gewisse Belastbarkeit gefordert. Denn viele Chemikanten arbeiten im Schichtdienst. Das ist über die Jahre gesehen durchaus anstrengend. Es hat aber auch einen großen Vorteil: Man bekommt Zulagen, zusätzliche freie Tage und häufig hat man frei, während andere arbeiten müssen.
Zukunft
Der Beruf wird sicherlich zunehmend digitaler, sodass es wichtig ist, sich weiterzubilden. Was aber bestimmt bleibt, ist, dass man als Chemikant eine sinnhafte Aufgabe ausüben kann. Bei Boehringer Ingelheim arbeiten wir zum Beispiel daran mit, Medikamente gegen schwere Krankheiten wie Krebs zu produzieren. Davon werden auch künftig zahlreiche Menschen profitieren.
Arbeitsalltag & Wandel
Ich wollte nach dem Abitur gern etwas mit Technik machen. Deshalb entschied ich mich für ein duales Studium: Neben der Ausbildung zur Chemikantin studiere ich Prozesstechnik an der Technischen Hochschule Bingen. Man kann den Beruf aber auch klassisch per Ausbildung lernen, ein Real- oder Hauptschulabschluss genügt. Ich fand es erstmal ungewohnt, auch nachts zu arbeiten. Aber das gehört dazu: Es gibt Schichten ab 6 und 14 Uhr und eben die Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr morgens. Früher wäre es als Frau sicher schwieriger gewesen, in diesem Beruf zu arbeiten, weil die körperliche Belastung so groß war. Aber heute muss man nichts Schweres mehr heben: Es gibt für alles technische Unterstützung von Robotern oder Hebeeinrichtungen.
Kompetenzen
Als Chemikantin muss man heute vor allem in der Lage sein, mit digitalen Technologien umzugehen und Sicherheitsvorgaben einzuhalten. Die Maschinen, die Chemikalien zu Medikamenten oder ähnlichem zusammenmischen, bedienen wir per Touchscreen. Trotzdem lernt man in der Ausbildung viel über die dahinterstehende Technik und die chemischen Reaktionen. In der Berufsschule stehen neben Naturwissenschaften auch Deutsch und Englisch auf dem Lehrplan.
Zukunft
Dank meiner Ausbildung muss ich mir wenig Sorgen um die Zukunft machen. Denn schon jetzt herrscht Fachkräftemangel – viele Unternehmen finden nur schwer Nachwuchs für diesen Beruf. Jobsicherheit ist ein Vorteil. Außerdem hat man die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und mehr Verantwortung zu übernehmen. Dank meines dualen Studiums werde ich später auch ingenieurtechnische Aufgaben übernehmen können. Ich werde auch nicht für immer im Schichtdienst arbeiten müssen, was gut ist, um Beruf und Freizeit vereinbaren zu können. Wer nicht studieren, aber trotzdem aufsteigen will, kann nach der Ausbildung einen Meister machen.
Chemikanten stellen chemische Erzeugnisse wie Farben und Lacke, Polymere, Wasch- und Reinigungsmittel her. Dazu steuern sie computergestützte Anlagen und Fertigungsstraßen. Sie messen Rohstoffe ab und füllen diese in Behältnisse ein, fahren die Produktionsanlagen an, erhitzen, kühlen oder destillieren die Ausgangsstoffe und überwachen die Fertigungsprozesse. Sie kontrollieren während der Herstellung regelmäßig Messwerte, protokollieren und überwachen den Prozess. Sie sorgen auch für den betrieblichen Umweltschutz, etwa indem sie Abwässer aufbereiten.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2023)