Die Einführung der Ausbildungsgarantie in Österreich hat einen grundlegenden Paradigmenwechsel im dortigen Ausbildungssystem bedeutet. Seit 2017 haben Jugendliche, die nachweislich keinen Ausbildungsplatz am Ausbildungsmarkt finden können, bis zum Alter von 25 Jahren einen Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung. Sie wird durch den Arbeitsmarktservice (AMS) finanziert. Das ist das österreichische Pendant zur Bundesagentur für Arbeit. Österreicher nennen diese Ausbildungsform „überbetriebliche Ausbildung“, kurz ÜBA.
Ein Blick auf das Ausbildungsjahr 2020/21 zeigt, dass junge Menschen die ÜBA durchaus nutzen.
Während der ÜBA ist der Übergang in eine betriebliche Ausbildung das zentrale Ziel. Dieses wird in gut 40 Prozent aller Fälle erreicht. Auch insgesamt ist die ÜBA lediglich eine Ausweichoption in den Fällen, in denen Jugendlichen trotz intensiver Bemühungen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden können. Genau wie im deutschen System stellt die Vermittlung in eine betriebliche Ausbildung also auch im österreichischen Modell stets das vorrangige Ziel dar.
Darüber hinaus gibt es weitere Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen den beiden Ländern, die bei der Diskussion einer Übertragbarkeit der Ausbildungsgarantie auf Deutschland eine wichtige Rolle spielen.
| Österreich | Deutschland |
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Hintergrund duale Ausbildung |
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Einstiegsalter | Auszubildende im 1. Ausbildungsjahr waren im Jahr 2018 im Schnitt 16,9 Jahre alt | Auszubildende im 1. Ausbildungsjahr waren im Jahr 2018 im Schnitt 19,9 Jahre alt |
Vorbildung | 1,2% der Anfängerinnen und Anfänger verfügen 2018 über eine (Fach-)Hochschulreife | 22,8% der Anfängerinnen und Anfänger verfügen 2018 über eine (Fach-)Hochschulreife |
Ausbildungsmarkt | Grundsätzlich marktwirtschaftlich organisierte Vermittlung von Angebot und Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen | |
Ausbildungsgarantie besteht zusätzlich zum regulären Ausbildungsmarkt für Jugendliche bis zum Alter von 25 Jahren und garantiert jeder Jugendlichen und jedem Jugendlichen einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz, sofern diese keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden. |
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Ausbildungspflicht besteht für Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren nach Beendigung der Pflichtschuljahre |
Quellen: Clemens, 2020; Forstner/Molnárová/Steiner, 2021; Dornmayr/Nowak, 2020
Was eine Ausbildungsgarantie in Deutschland bewirken könnte, hängt maßgeblich davon ab, wie sie im Detail ausgestaltet wird. In Österreich gibt es zwei Varianten, zwischen denen die Jugendlichen wählen können:
| ÜBA 1 | ÜBA 2 |
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Praktischer Teil |
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Schulischer Teil |
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Angebotene Ausbildungsberufe |
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Abschluss |
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Jährliche Kosten pro Kopf (Neueintritt) |
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Bedarfssteuerung |
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Quellen: Clemens, 2020; Forstner/Molnárová/Steiner, 2021
Bei der Organisation und Realisierung der außerbetrieblichen Ausbildung kommen verschiedenen Akteuren unterschiedliche Aufgaben und Rollen zu:
Beteiligung an regionalen Bedarfsanalysen: Verhandlungen mit dem Arbeitsmarktservice (AMS)