Die pandemiebedingte Schließung von Kindergärten, Schulen und Horten hat viele Eltern vor große Herausforderungen gestellt. Im Home-Office mussten sie nicht nur arbeiten, sondern oftmals auch gleichzeitig den Nachwuchs betreuen. Für Beschäftigte und ihre Betriebe bedeutete dies häufig, dass die bestehenden Ansätze zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Sorgepflichten nicht mehr ausreichten. Verschiedenen Studien haben sich nun mit der Frage beschäftigt, wie betriebliche Maßnahmen zur Vereinbarkeit in diesen Phasen weiterentwickelt wurden – und was davon langfristig gelebte betriebliche Praxis werden könnte.
Die Vereinbarkeitsmaßnahmen, die Beschäftigte mit Kindern am meisten in Anspruch nahmen, waren flexibilisierte Arbeitszeiten und das mobile Arbeiten bzw. Arbeiten im Home-Office (ifo 2021; Kohlrausch 2021). Bezahlten beziehungsweise unbezahlten Urlaub oder den Aufbau von Minusstunden haben sie deutlich seltener genutzt, um auf den Wegfall der Kinderbetreuung zu reagieren. Auch Kinderkrankentage waren seltener das Mittel der Wahl (Kohlrausch 2021). Nur in sehr geringem Ausmaß nutzten Beschäftigte Unterstützungsangebote der Betriebe bei der Kinderbetreuung, wie zum Beispiel die Vermittlung von Betreuungsplätzen, digitale Kinderbetreuung oder eine ausgeweitete Betreuung im Betrieb (Brandt 2021).
Ganze 41 Prozent der Betriebe verstärkten im Zuge der Pandemie die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens bzw. des Home-Office oder boten sie erstmals an (Prognos 2021). Allerdings war dies auch eine zentrale Strategie, um die aus Infektionsschutzgründen gebotenen Kontaktbeschränkungen umzusetzen. 18 Prozent der Betriebe führten Regelungen zu individuell vereinbarten Arbeitszeiten erstmalig ein oder weiteten sie aus. Eine flexible Tages- oder Wochenarbeitszeit wurde von 15 Prozent der Betriebe erstmalig angeboten oder ausgeweitet (Prognos 2021). Neben Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsortes oder der Arbeitszeit boten 22 Prozent der Betriebe ihren Beschäftigten auch eine organisatorische oder finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung an (IAB 2021).
Gleichzeitig berichteten 39 Prozent aller Betriebe, kein Home-Office oder mobiles Arbeiten ermöglicht zu haben (Prognos 2021). Grund hierfür war in vielen Fällen, dass die Tätigkeiten der Beschäftigten nicht oder nur bei einem kleinen Anteil der Beschäftigten außerhalb des Arbeitsorts ausgeübt werden konnten (Prognos 2021).
In der Summe haben Mütter Vereinbarkeitsmaßnahmen häufiger genutzt. Dennoch suchten auch beschäftigte Väter intensiver als vor der Pandemie das Gespräch über Vereinbarkeitsarrangements – und nahmen solche Unterstützungen häufiger in Anspruch als zuvor (Prognos 2021). Auch Führungskräfte nutzten Vereinbarkeitsmaßnahmen im Vergleich zu vorpandemischen Werten vermehrt – unter dem Strich aber dennoch weniger als andere Beschäftigte (Prognos 2021).
Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (68%) berichteten, dass ihre Beschäftigten auf sie zukamen, um mögliche Lösungen für schließungsbedingte Betreuungsbedarfe zu diskutieren (Prognos 2021). Ähnliches schilderte auch knapp die Hälfte der Befragten einer Familienbefragung (Prognos 2021). Dabei hat sich der Modus verändert, in dem Vereinbarkeitsmaßnahmen eingeführt wurden. Waren es vor der Pandemie vor allem die Unternehmen, die solche Maßnahmen zentral initiiert haben – so hat in der Pandemie der dezentrale und individuelle Austausch über passende Lösungen zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern deutlich an Relevanz gewonnen. In diesem Zuge spielten Führungskräfte, Teams und innerbetriebliche Arbeitskreise eine zentrale Rolle (Prognos 2021).
Ein erheblicher Anteil an Betrieben hatte bereits vor der Pandemie Maßnahmen zur Unterstützung von Beschäftigten mit Kindern eingerichtet (Prognos 2021, IAB 2021). In fast sechs von zehn Betrieben gab es bereits individuell vereinbarte Arbeitszeiten und flexible Tages- oder Wochenarbeitszeiten (Prognos 2021). Weit weniger verbreitet waren Möglichkeiten des ortsflexiblen Arbeitens. Nur jeder fünfte Betrieb hatte sie zuvor angeboten. (Prognos 2021).
Eine steigende Betriebsgröße ging mit mehr Möglichkeiten bei der Vereinbarkeit einher (ifo 2021, IAB 2021). Mehr als 90 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten boten im Kontext der Pandemie flexible Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten bzw. Home-Office an (ifo 2021). Unter Unternehmen der Dienstleistungsbranche ermöglichten 94 Prozent mindestens eine Option zur Flexibilisierung der Arbeitszeit oder des Arbeitsortes. Beschäftigte in großen Unternehmen nutzten das Angebot an Vereinbarkeitsmaßnahmen auch häufiger als Beschäftigte kleiner und mittelständischer Unternehmen (ifo 2021).
Ebenso hoben sich Unternehmen ab, die bereits vor der Pandemie als familienfreundliche Arbeitgeber zertifiziert waren (Prognos 2021). Sie hatten bereits Wissen und Erfahrung mit internen, aber auch externen Unterstützungsangeboten aufgebaut und konnten ihre Beschäftigten entsprechend beraten und unterstützen. Zudem wurden angebotene Vereinbarkeitsmaßnahmen in diesen Unternehmen häufiger von Müttern, Vätern wie auch Führungskräften wahrgenommen als in anderen Unternehmen (Prognos 2021).
Anfang des Jahres 2021 stimmten 82 Prozent der Unternehmen der Aussage (eingeschränkt) zu, dass die Pandemie verdeutlicht, dass für die Produktivität eines Unternehmens wichtig ist, dass eine Kinderbetreuung sichergestellt ist (Prognos 2021). Auch gaben knapp zwei Drittel der Unternehmen zu diesem Zeitpunkt an, dass ihre Führungskräfte nun stärker für die Relevanz familienfreundlicher Arbeitsbedingungen sensibilisiert seien (Prognos 2021).
Rückblickend bewerteten 88 Prozent der Unternehmen Anfang des Jahres 2021 die Ausweitung oder Einführung von Unterstützungsangeboten für eine verbesserte Vereinbarkeit (eingeschränkt) als eine gute Entscheidung (Prognos 2021). Knapp zwei Drittel der Unternehmen möchte darüber hinaus zumindest Elemente der eingeführten oder ausgeweiteten Maßnahmen nach der Pandemie aufrechterhalten (Prognos 2021). Dies trifft mit 75 Prozent bzw. 72 Prozent noch sehr viel häufiger auf große Unternehmen und Unternehmen der Dienstleistungsbranche zu.
Die Studie bildet einen Teil der Personalleiterbefragung, die das ifo Institut jedes Quartal im Auftrag der Randstad Deutschland GmbH & Co. KG durchführt. Personalleiter/-innen werden dabei zum Einsatz von Flexibilisierungsmaßnahmen in Betrieben befragt. Jedes Quartal werden zusätzlich Sonderfragen erhoben, die aktuelle personalpolitische Themen aufgreifen. Die hier aufgeführten Ergebnisse basieren auf den Sonderfragen im vierten Quartal 2020 zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitssituation. Das Personalleiterpanel umfasst circa 1.000 Unternehmen und ist für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor repräsentativ.
Auf Grundlage der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung untersucht die Studie Auswirkungen der Pandemie auf die Gleichstellung in Deutschland. Es wurden hierzu 7.677 Erwerbspersonen in fünf Wellen (April 2020, Juni 2020, November 2020, Januar 2021, Juni 2021) befragt. Die Ergebnisse der Studie beruhen auf den Angaben von 5.047 Erwerbspersonen, die an allen fünf Befragungswellen teilgenommen haben. Die Studienteilnehmer/-innen wurden aus einem Online-Access-Panel entsprechend einer Quotenstichprobe gewonnen. Die Stichprobe wurde auf Grundlage von Quoten hinsichtlich des Alters, des Geschlechts, des Bundeslandes und der Bildung der Teilnehmer/-innen zusammengesetzt, die die Sollzahlen der amtlichen Statistik abbilden. Entsprechend sind die Studienergebnisse hinsichtlich der genannten Merkmale für die Erwerbsbevölkerung repräsentativ.
Die Ergebnisse der Studie gehen aus einer Unternehmensbefragung und einer Elternbefragung hervor. Im Zuge der Unternehmensbefragung wurden Geschäftsführungen bzw. Personalverantwortliche von Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitenden befragt. In einer ersten Befragungswelle im zweiten Quartal 2020 wurden 750 und in einer zweiten Befragungswelle im ersten Quartal 2021 700 Geschäftsführungen bzw. Personalverantwortliche telefonisch befragt. Um eine Unterscheidung der Ergebnisse nach Betriebsgrößen möglich zu machen, wurden überproportional viele Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten in die Befragung aufgenommen. Die Gesamtergebnisse wurden anschließend so gewichtet, dass die Verteilung der Betriebsgrößen und der Branchen der Verteilung im Unternehmensregister entspricht. Folglich ist die Stichprobe in Bezug auf diese Merkmale repräsentativ.
Die Familienbefragung wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt. Hierfür wurden Eltern mit Kindern unter 15 Jahren im eigenen Haushalt in zwei Befragungswellen befragt. In einer ersten Befragungswelle im zweiten Quartal 2020 wurden 1.493 Personen und in einer zweiten Befragungswelle im ersten Quartal 2021 1.043 Personen online befragt. Es wurde eine Schichtung nach Geschlecht, Familienkonstellation und geografischer Verteilung vorgenommen und eine Zufallsauswahl aus einem Online-Panel mit über 100.000 Teilnehmer/-innen getroffen. Um eine Analyse nach Merkmalen zu ermöglichen, wurden manche Teilgruppen überproportional in die Stichprobe einbezogen. Die Gesamtergebnisse wurden schließlich entsprechend der Verteilung der amtlichen Statistik (gemäß Mikrozensus 2018 bzw. 2019) gewichtet. Die Stichprobe ist daher in Bezug auf die genannten Merkmale repräsentativ.
Die Studie ist ein Teil der BeCovid Studie („Betriebe in der Covid-19-Krise“), im Rahmen derer das IAB in einem drei-wöchigen Rhythmus mehr als 1.500 Betriebe zur betrieblichen Situation in der Covid-Krise befragt. Die hier aufgeführten Ergebnisse basieren auf der 18. Welle der Befragung im Oktober 2021. Dazu wurden leitende Personen aus der Geschäftsführung privatwirtschaftlicher Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten telefonisch befragt. Es wurde eine geschichtete Zufallsstichprobe aus allen Betrieben vorgenommen, die aufgrund ihrer Meldungen zur Sozialversicherung bei der Bundesagentur für Arbeit registriert waren. Betriebe mit mehr als 249 Beschäftigten wurden überproportional oft befragt. Aufgrund einer anschließend repräsentativen Gewichtung der Gesamtergebnisse ist die Erhebung für alle privatwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland repräsentativ.