Wenn börsennotierte Unternehmen ein hohes Maß an Mitbestimmung aufweisen, hat das mehrere Vorteile. Denn dann sind nicht nur die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten besser, sondern diese Unternehmen achten auch verstärkt auf eine ressourcen- und emissionsärmere Arbeitsweise. Und sie haben ihre Lieferketten besser im Blick. Kurzum: Unternehmen mit starker Mitbestimmung sind nachhaltiger. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.
Doch wie lässt sich überhaupt messen werden, ob ein Unternehmen nachhaltig ist? Ein gängiges Maß zum Vergleich der Nachhaltigkeit von Unternehmen ist der sogenannte ESG-Score. ESG steht für „Environment“, „Social“ und „Governance“ – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Dies sind die drei Kernindikatoren, aus denen der finale Score ermittelt wird. Zusätzlich wird anhand verschiedener Unterkriterien geprüft, wie sich die Unternehmen entwickeln: Einsparungen von Emissionen und der allgemeine Ressourcenverbrauch, aber auch die Arbeitsbedingungen oder die sozialen Aktivitäten der Unternehmen fließen in die Gesamtwertung mit ein. Je höher der finale ESG-Score, umso nachhaltiger ist das Unternehmen.
Der ESG-Score wurde in der Studie ins Verhältnis zu einem Mitbestimmungsindex gesetzt, um den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Mitbestimmung zu untersuchen. Dieser Mitbestimmungsindex setzt sich ebenfalls aus verschiedenen Indikatoren zusammen, wie etwa der Anzahl der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertreter in Kontrollorganen und Ausschüssen.
Zentraler Befund der Studie ist, dass die Betriebsgröße den größten Einfluss auf die ESG-Scores hat: Unternehmen mit viel Personal und höheren Umsätzen haben deutlich mehr Möglichkeiten, sich für eine nachhaltige und sozial-gerechte Unternehmensstrategie einzusetzen und unterliegen gleichzeitig strengeren Regelungen. Die Analyse der ESG-Scores und der Mitbestimmungsindexe zeigte auf, dass Unternehmen mit einem hohen Grad an Mitbestimmung einen ESG-Score aufwiesen, der im Schnitt 19 Prozent höher ist als der von Unternehmen ohne Mitbestimmung – und zwar zusätzlich zum Größeneffekt. Dieser Mitbestimmungseffekt beeinflusst dabei alle ESG-Score Teilbereiche gleichermaßen.
Die Studie Unternehmensmitbestimmung und die sozialökologische Transformation. Zusammenhang zwischen Mitbestimmungsindex und ESG-Kriterien in börsennotierten Unternehmen untersucht 224 Unternehmen, die im Composite DAX gelistet sind und von einer spezialisierten Ratingagentur ESG-Scores zugewiesen bekommen haben. Diese Scores wurden für die Jahre 2021 und 2022 erhoben und beinhalten mehr als 600 verschiedene Kennzahlen pro Unternehmen.