Nach dem Entschluss der neuen Bundesregierung, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro brutto pro Stunde anzuheben, hat eine Reihe von Branchen die Tariflöhne an den Mindestlohn angepasst. Das ist historisch gesehen neu. So führte die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 zwar zu einem hohen Anpassungsdruck sowie Lohnsteigerungen im Niedriglohnsegment (z.B. in der Land-und Fleischwirtschaft sowie dem Friseur- und Bäckereihandwerk), hatte aber kaum einen spürbaren Effekt auf die Tarifpolitik (vgl. Bispinck et al. 2020). In Folge der aktuellen Mindestlohnerhöhung haben jedoch die Sozialpartner in einigen Branchen gemeinsam beschlossen, die Stunden- und Monatslöhne der Beschäftigten deutlich zu steigern. Deswegen verdienen Beschäftigte in diesen Branchentarifen auch in den unteren Lohngruppen nach wie vor noch mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. Teilweise hat sich der Abstand zur gesetzlichen Lohnuntergrenze sogar vergrößert.
Zu den Branchen, die ihre Tarifverträge an den neuen gesetzlichen Mindestlohn angepasst haben, zählen beispielsweise die Leiharbeit , das Gastgewerbe oder Gebäudereiniger-Handwerk:
Auch in der Pflege haben zahlreiche Beschäftigte seit dem 1. Mai 2022 Anspruch auf deutlich mehr Geld. Das hat mit dem neuen gesetzlichen Mindestlohn allerdings nichts zu tun. Die Stundenlöhne im Pflegesektor steigen aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung (Fünfte Pflegearbeitsbedingungenverordnung) und werden für die unterschiedlichen Berufsgruppen in der Pflege (Pflegehilfskräfte, qualifizierte Pflegehilfskräfte, Pflegefachkräfte) in vier Stufen angehoben. Aktuell liegen die Stundenlöhne in der Pflege zwischen 13,80 Euro (Pflegehilfskräfte) und 17,10 Euro (Pflegefachkräfte), und werden im Mai bzw. Dezember 2023 auf mindestens 13,90 Euro bzw. 14,15 Euro (Pflegehilfskräfte) und 17,65 Euro bzw. 18,25 Euro (Pflegefachkräfte) pro Stunde steigen.