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Bühnenbild Fluktuation

Fluktuation im Wandel der Arbeitswelt

Fluktuation treibt die Unternehmen im Wandel der Arbeitswelt um. Welche Trends sie beeinflussen und was das für Mitarbeiterbindung und andere Themen bedeutet.

Ein paar Jahre Berufserfahrung nach dem Studium oder der Ausbildung sammeln, dann beim nächsten, attraktiveren Jobangebot zugreifen – in manchen Berufen ist das keine Seltenheit. In anderen Bereichen können häufige Jobwechsel aber auch deshalb die Regel sein, weil für Beschäftigte nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse zu finden sind. Freiwillige und unfreiwillige Stellenwechsel könnten in Phasen mit stärkeren strukturellen Veränderungen wie dem Wandel von einer Dienstleistungs- zu einer Informationsgesellschaft  zunehmen, auf Grund von Fachkräfteengpässen  aus Sicht vieler Betriebe aber auch unerwünscht sein. Damit prägt Fluktuation den Wandel am Arbeitsmarkt mit – und wird gleichermaßen von ihm geprägt.

Ein beträchtlicher Anteil von Beschäftigten wechselt innerhalb eines Jahres die Stelle. Im Jahr 2019 betrug die von der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesene Fluktuation mehr als 33 Prozent – berechnet als Durchschnitt aller begonnenen und beendeten Arbeitsverhältnisse und bezogen auf den Bestand der gesamten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in diesem Jahr. Das bedeutet, dass auch mehrere Wechsel einer Person berücksichtigt werden. Da der Fluktuation unterschiedliche Ursachen zu Grunde liegen können, ist sie nicht per se gut oder schlecht. Dennoch kann sie erhebliche Auswirkungen auf die Akteurinnen und Akteure in der Arbeitswelt haben. Warum dies so ist, welche Folgen Fluktuation hat und wie diese sich durch Mega-Trends wie Digitalisierung, struktureller und demografischer Wandel verändern, wollen wir hier näher erläutern.

Fluktuation spiegelt die Arbeitsmarktdynamik wider

Fluktuation spiegelt die Arbeitsmarktdynamik wider

Die Auswirkungen von Fluktuation lassen sich auf der gesamtwirtschaftlichen und auf der betrieblichen Ebene beobachten. So zeigt z. B. der Vergleich von begonnenen und beendeten Beschäftigungsverhältnissen innerhalb eines Jahres, wie ausgeprägt Beschäftigungsdynamiken auf dem gesamten Arbeitsmarkt sind. Der zeitliche Vergleich verdeutlicht, ob Beschäftigungswechsel in einer Volkswirtschaft zu- oder abnehmen. Betriebe können durch eine entsprechende Personalplanung von Zu- und Abgängen die Belegschaftsgröße, das Know-how oder die geschäftlichen Netzwerke ihrer Beschäftigten anpassen. Durchschnittswerte über die gesamte Betriebslandschaft zeichnen jedoch nur ein unvollständiges Bild. Differenziert nach Größe oder Branche der Betriebe werden Unterschiede sichtbar, die sich hinter den Durchschnittszahlen verbergen. Zum Beispiel berichten kleine Betriebe (1-9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) generell von weniger Beschäftigtenwechsel, während die Fluktuation in mittleren Betrieben (50-249 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) am höchsten ist.

  • Einen Überblick über die Entwicklung der Fluktuation in Deutschland und Unterschiede in den verschiedenen Branchen und Betriebsgrößen gibt unsere Infografik.
     

Fluktuation birgt Chancen und Risiken

Chancen und Risiken für Betriebe, Beschäftigte und Volkswirtschaft

Fluktuation kann prinzipiell sowohl von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern als auch von den Beschäftigten ausgehen. Motive, Risiken und Chancen unterscheiden sich für beide Seiten.

Aus Beschäftigtensicht gibt es freiwillige und unfreiwillige Wechsel. In den vergangenen Jahren haben erstere überwogen. Auch wenn ungewollte Umorientierungen sicherlich riskanter sind als gewünschte berufliche Veränderungen, können die Auswirkungen auf die Vergütung ähnlich sein:

Weitere Informationen

Wenn Sie sich über die Möglichkeiten eines Berufswechsels informieren möchten, finden Sie unter anderem hier weitere Informationen: Neues Berufsziel festlegen - Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)

  • Insbesondere freiwillige Arbeitgeberwechsel können die Entlohnung erhöhen, wenn die Kompetenzen einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers besser zu den neuen Arbeitsplatzanforderungen passen als vorher. Maßgeblich dafür ist das allgemeine Humankapital einer Person – also Kompetenzen und Qualifikation, die über das betriebsbedingte Know-how hinausgehen und so auch in anderen Betrieben Verwendung finden.
  • Andererseits können Arbeitgeberwechsel auch dazu führen, dass eben diese betriebsspezifischen Kenntnisse ihren Wert verlieren und die Entlohnung sinkt. So sind Beschäftigte gelegentlich bereit einen geringeren Verdienst zu akzeptieren, wenn die Arbeit ihnen mehr Freude bereitet und ihre Jobzufriedenheit durch einen Wechsel steigt.

Für Betriebe hat das Thema Beschäftigtenfluktuation eine große Bedeutung, denn:

  • grundsätzlich verursacht jeder Wechsel Kosten, beispielsweise durch Aufwände für Einstellungen und Entlassungen. Außerdem können betriebsspezifische Kompetenzen und Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren gehen. Die Nachbesetzung kann bei Fachkräfteengpässen in einigen Wirtschaftssektoren schwierig sein. Eine niedrige Fluktuationsrate über Investitionen in die Mitarbeiterbindung ist deshalb für den Erhalt dieses Wissens erstrebenswert.
    • Eine Praktikerin und eine Wissenschaftlerin diskutieren im Gespräch über Mitarbeiterbindung, wie Betriebe Know-how halten und leistungsfähiger werden können und welche Strategien oder Trends es in der Mitarbeiterbindung gibt.
       
  • neues Personal kann aber auch neue Kompetenzen und Ideen ins Unternehmen bringen, bestehende Abläufe aus einer neuen Perspektive hinterfragen und bewerten. Das kann sich positiv auf die Innovationskraft und die Produktentwicklung von Unternehmen und ihren Betrieben auswirken. Außerdem kann der Austausch der Belegschaft die „Passgenauigkeit“ zwischen den Qualifikationen und Kompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und den Arbeitsplatzanforderungen verbessern. Das trägt zu Effizienzgewinnen und höherer betrieblicher Produktivität bei.
  • Betriebe setzen unterschiedliche, sich ergänzende Personalstrategien ein, um flexibler auf die Marktsituation reagieren zu können. Ziel der Strategien kann unter anderem sein, zusätzlich zu einer stabilen Stammbelegschaft eine flexible Randbelegschaft zu etablieren. Diese arbeitet häufig in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie der Zeitarbeit, die allein aufgrund ihrer Struktur eine höhere Fluktuation haben. Dies kann in einigen Branchen zu konjunkturabhängigen, unfreiwilligen Wechseln in der Randbelegschaft mit vergleichsweise geringerer Fluktuation der Stammbelegschaft führen.

Generell deuten Studien darauf hin, dass Betriebe mit Betriebsrat  eine niedrigere Fluktuation haben. Das scheint nicht nur auf arbeitgeberseitige Kündigungen, sondern auch auf arbeitnehmerseitige Kündigungen zuzutreffen. Ersteres könnte an der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen liegen. Letzteres könnte damit zusammenhängen, dass Betriebsräte für attraktive Arbeitsbedingungen und mehr Kooperation zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sorgen.

Aus der volkswirtschaftlichen Perspektive ist ein gewisses Maß an Fluktuation als Folge von schrumpfenden und wachsenden Branchen sowie Berufssegmenten im Wandel der Arbeitswelt fester Bestandteil einer dynamischen Volkswirtschaft. Das Thema Fluktuation ist deshalb auch aus volkswirtschaftlicher Sicht interessant. Wenn beispielsweise der Wechsel von Beschäftigten mit ihren Kompetenzen die Produktivität eines Betriebes erhöht und gleichzeitig den Kompetenzverlust eines anderen Betriebes überwiegt, kann sich diese Entwicklung positiv auf die Volkswirtschaft und den Wohlstand insgesamt auswirken.

  • Welche weiteren Einflüsse auf Fluktuation es gibt und wie sich Mega-Trends wie Globalisierung und Digitalisierung auf Fluktuation auswirken könnten, lesen Sie in unserem Interview mit Dr. Christian Hohendanner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.