Digitalisierung, Strukturwandel, demografischer und ökologischer Wandel verändern die Nachfrage nach bestimmten Qualifikationen. Tendenziell werden wissensintensivere Qualifikationen wichtiger als solche, die auf einfachere Jobs in der Produktion vorbereiten. Doch dass es neue (digitale) Technologien gibt, bedeutet nicht automatisch, dass nur noch Künstliche Intelligenz in der Produktion arbeiten wird oder bisher in der Energiegewinnung gefragte Berufe Geschichte sind. Denn zum einen sind nicht nur neue Technologien entscheidend, sondern wie bei der Energiewende auch politische Entscheidungen. Zum anderen werden neue Technologien nur eingeführt, wenn der Nutzen höher ist als die Kosten – und wenn die Politik die Rahmenbedingungen dafür schafft.
Wachstum wird besonders für den Dienstleistungssektor prognostiziert. Neben wissensintensiven Dienstleistungen wie IT- oder Finanzdienstleistungen sind es vor allem Fachkräfte in Gesundheit, Pflege und im sozialen Bereich, die zukünftig immer mehr gebraucht werden. Nicht immer sind sich die Expertinnen und Experten einig in ihren Vorhersagen: So gibt es zum Beispiel verschiedene Annahmen zur Entwicklung der Bereiche Verkehr und Transport/Logistik, die Prognosen für eine sinkende oder steigende Nachfrage zum Ergebnis haben: Einerseits ermöglichen neue Technologien, dass Maschinen in Logistik und Verkehr Tätigkeiten übernehmen und die Arbeitsnachfrage sinkt. Andererseits bringt ein weiteres Wachsen des Online-Handels einen Aufbau an Arbeitsplätzen in diesen Bereichen mit. Die Vorhersage hängt also davon ab, als wie groß man diese gegenläufigen Effekte jeweils einschätzt.
Unsere Infografik skizziert, wie sich die Megatrends auf die Nachfrage nach bestimmten Berufen auswirken.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Projekts „Qualifikations- und Berufsfeldprojektion bis 2035“ (QuBe) prognostizieren regelmäßig, in welchen Berufen die Arbeitskräftenachfrage zurückgeht, in welchen sie steigt und wie sich das Fachkräfteangebot in den Berufen voraussichtlich entwickelt. Mit den größten Fachkräfteengpässen bis 2035 rechnen sie in Berufen des Sozial- Pflege- und Gesundheitsbereichs. Fachkräfteüberschüsse erwarten sie in Berufen mit Tätigkeiten, die moderne Technologien übernehmen können (hohes Substituierbarkeitspotenzial ), und eher geringen Qualifikationsanforderungen, in Berufen, die vom fortschreitenden Strukturwandel besonders betroffen sind, und in Berufen, in denen das Arbeitsangebot stärker als die Nachfrage steigt.
Im QuBe-Datenportal können Nutzer interaktiv die Vorhersagen für einzelne Berufsgruppen ansehen, auswählen und herunterladen.
Methodik: Um künftige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu prognostizieren, werden Entwicklungen im Bildungs- und Erwerbssystem fortgeschrieben, die sich bereits heute erkennen lassen. Szenario-Analysen untersuchen Auswirkungen veränderter Rahmenbedingungen – wie eine zunehmende Digitalisierung oder die Corona-Krise. Die Ergebnisse beruhen auf einigen Annahmen, z. B. darüber, wie viele Personen in ihrem erlernten Beruf bleiben und wie viele den Beruf wechseln.
Forscherinnen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gehen davon aus, dass Tätigkeiten mit geringeren Qualifikationsanforderungen mit höherer Wahrscheinlichkeit durch Computer oder computergesteuerte Tätigkeiten ersetzt werden und ermitteln Berufe, für die dieses Substituierbarkeitspotenzial hoch ist – zum Beispiel Berufe in der Fertigung, aber auch unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe, deren Tätigkeiten teils durch neue Softwareanwendungen ersetzt werden können.
Methodik: Für ca. 8.000 Tätigkeiten haben drei Codierer unabhängig voneinander recherchiert, ob es eine computergesteuerte Maschine oder einen Computeralgorithmus gibt, der diese Tätigkeit vollumfänglich automatisch erledigen kann, d. h. ersetzen kann.
Die Prognose „Arbeitsmarkt 2030 – Wirtschaft und Arbeitsmarkt im digitalen Zeitalter“ kommt zu dem Schluss, dass der digitale Wandel nicht nur strukturelle Entwicklungen verstärkt – etwa die sinkende Nachfrage nach Verwaltungstätigkeiten oder der höhere Bedarf beim Einsatzdigitaler Technik. Die beschleunigte Digitalisierung erhöht auch die Nachfrage nach Arbeitskräften mit Hochschulbildung.
Methodik: Auf Grundlage ökonomischer Modelle prognostiziert die Studie die künftige Arbeitsmarktentwicklung bis 2030. Dabei stellt sie zwei Szenarien gegenüber: Ein Basisszenario, das bereits beobachtbare Entwicklungen wie Digitalisierung, strukturellen Wandel und Zuwanderung fortschreibt. Und ein Szenario „Beschleunigte Digitalisierung“, das von einer verstärkten Förderung des technologischen Wandels durch Politik und Wirtschaft ausgeht.
Die Studie „Jobwende. Effekte der Energiewende auf Arbeit und Beschäftigung“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sagt vorher, dass die Energiewende den Bedarf an gebäude- und versorgungstechnischen Berufen, Bauplanung, Architektur- und Vermessungsberufen sowie (Innen-)Ausbauberufen steigert. Gleichzeitig senkt sie die Nachfrage in Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen – denn Fahrzeuge mit Elektroantrieb sind in der Fertigung und Wartung weniger aufwändig als Verbrennungsmotoren.
Methodik: Um mögliche Auswirkungen der Energiewende auf den Arbeitsmarkt zu berechnen, wurden drei Szenarien einander gegenübergestellt: Ein Referenzszenario, das von einem „Weiter-So“ der bisherigen Anstrengungen im Klimaschutz ausgeht, ein Zielszenario, das von einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 ausgeht und ein weiteres Zielszenario, das von einer Reduzierung um 95 Prozent ausgeht. Die Szenarien basieren auf Annahmen zu strukturellen Veränderungen etwa bei der Nutzung erneuerbarer Energien, zur Elektromobilität oder zur Gebäudesanierung.