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Arbeiten im Ruhestand – Entwicklung und Motivlagen der Rentnerinnen und Rentner

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) analysiert die Gründe für eine Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Diese sind vielfältig – und häufig gar nicht in erster Linie finanzieller Art.

Immer mehr Menschen gehen auch im Rentenalter einer bezahlten Arbeit nach. Eine umfassende Studie entschlüsselt die Gründe. Zentrales und überraschendes Ergebnis: Das finanzielle Motiv dominiert nicht.

Die Erwerbstätigenquote (als Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung) der 65- bis 69-Jährigen stieg von neun Prozent in 2010 auf 17 Prozent in 2020 und hat sich damit fast verdoppelt (Destatis, 2022). Ein Grund für den Anstieg ist die ab 2012 geltende schrittweise Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Doch es muss noch andere Motive geben, denn auch unter den Personen, die bereits eine Rente beziehen, stieg die Erwerbstätigkeit an (Franke/Wetzel, 2017).

In ihrem Kurzbericht zur Erwerbsarbeit im Ruhestand haben Forscherinnen und Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis von Daten des Haushaltspanels PASS (Panel für Arbeitsmarkt und soziale Sicherung) von 2018 untersucht, warum eine steigende Anzahl an Rentnerinnen und Rentner einer bezahlten Arbeit nachgehen und was sie gegebenenfalls daran gehindert hat. Hier fünf Kernergebnisse der Untersuchung:

  1.  
     

    Der Anteil der Erwerbstätigen nimmt mit steigendem Alter ab:

    Während in der Gruppe der 65- bis 69-Jährigen noch 15 Prozent erwerbstätig waren, sank der Wert bei den 70- bis 74-Jährigen auf rund 13 Prozent. Von den über 75-Jährigen gingen nur zwei Prozent einer Arbeit nach.

  2.  
     

    Die Mehrheit der erwerbstätigen Rentnerinnen und Rentner gehen einer geringfügigen Beschäftigung nach:

    67,5 Prozent der erwerbstätigen Rentenbezieher waren geringfügig beschäftigt, 22,5 Prozent selbstständig oder als mithelfende Familienangehörige tätig. Nur zehn Prozent übten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Im Durchschnitt arbeiteten die Ruheständler 14,5 Wochenstunden, wobei Rentner im Durchschnitt mit 17 Wochenstunden etwas mehr arbeiten als Rentnerinnen mit 11,7 Wochenstunden. Letztere wiesen auch einen höheren Anteil an geringfügig Beschäftigung auf, was den Unterschied zum Teil erklärt.  

  3.  
     

    Die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit im Rentenalter steigt mit dem Bildungsniveau und sinkt mit den finanziellen Ressourcen im Haushalt:

    Rund 38 Prozent der erwerbstätigen Rentenbezieher hatten einen hohen Bildungsabschluss. Zum Vergleich: Unter den Nichterwerbstätigen lag der Wert bei 28 Prozent. Wenn das aus der Erwerbstätigkeit bezogene Nettoeinkommen unberücksichtigt bleibt, wiesen die erwerbstätigen Rentenbezieher mit 1.480 Euro im Monat ein geringeres Haushaltsäquivalenzeinkommen auf im Vergleich zu dem mittleren monatlichen Haushaltsäquivalenzeinkommen der Nichterwerbstätigen von 1.735 Euro. Die Befunde deuten darauf hin, dass die Rentenbezieher das im Schnitt leicht unterdurchschnittliche Niveau ihrer Renten durch die Erwerbstätigkeit aufbessern.

  4.  
     

    Die erwerbstätigen Ruheständler geben vielfach auch nichtmonetäre Motive für ihre Erwerbstätigkeit an:

    Nahezu alle erwerbstätigen Rentenbezieher (97 Prozent) nannten den Spaß an der Arbeit als Motiv dafür, im Ruhestand erwerbstätig zu sein. Weiterhin gaben neun von zehn Befragte an, dass sie den Kontakt zu anderen Menschen schätzen und die Arbeit ihnen das Gefühl vermittelt, eine Aufgabe zu haben. Rund 43 Prozent nannten zudem finanzielle Gründe für die Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit. Bei der Befragung waren Mehrfachnennungen möglich, sodass sich ein Bild von vielfältigen Motivlagen ergibt.

  5.  
     

    Die nichterwerbstätigen Rentenbezieher haben überwiegend keinen Erwerbswunsch mehr und sehen sich ausreichend finanziell abgesichert:

    83 Prozent lehnten eine Erwerbstätigkeit im Ruhestand ab, weil sie nach eigener Einschätzung genug gearbeitet haben, beziehungswiese keine weiteren Verpflichtungen eingehen wollen (71 Prozent). 81 Prozent bewerteten ihr Haushaltseinkommen als ausreichend. Mehr als jede/r Zweite gab die gesundheitliche Situation als Hinderungsgrund für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an. 22 Prozent sahen wenig passende Stellen für sich.

Datengrundlage

Die IAB-Studie basiert auf Daten der 12. Panelwelle der IAB-Befragung Panel Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS) aus dem Jahr 2018. Die Analyse konzentriert sich auf Rentnerinnen und Rentner im Alter zwischen 65 und 74 Jahren. Insgesamt umfasst die Befragung Informationen zu 1.774 Rentnerinnen und Rentnern, von denen 196 erwerbstätig sind. Die PASS-Befragung wird seit 2006 jährlich durchgeführt und befragt in Deutschland lebenden Personen und ihre Haushalte jährlich zu ihren sozialen und wirtschaftlichen Lebensverhältnissen (mehr zur PASS-Befragung finden Sie auf der Website des IAB).