Für verheiratete Paare gelten besondere Regeln im Steuerrecht. So müssen Eheleute nicht jeweils einzeln Steuern auf ihr jeweiliges Einkommen zahlen, sondern es greift das so genannte Ehegattensplitting. Ein Steuervorteil entsteht dabei immer dann, wenn die Einkommen der Ehepartnerinnen und -partner unterschiedlich hoch ausfallen. Rund um dieses Steuergeschenk kreist seit Jahren eine hitzige Debatte. Während die einen darin eine sinnvolle Unterstützung für Familien sehen, mahnen andere, dass die Steueranreize insbesondere Frauen vom Arbeitsmarkt fernhielte – und das in einer angespannten Fachkräftesituation. Ist das Ehegattensplitting noch zeitgemäß? Wir stellen Pro- und Contra-Argumente gegenüber: Was spricht dafür, das Ehegattensplitting weiter beizubehalten, was dagegen?
Eheleute können selber entscheiden, wie sie den Steuervorteil nutzen. Der Staat mischt sich nicht in die Arbeitsteilung von verheirateten Partnerinnen und Partnern im Haushalt ein.
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings käme einer Steuererhöhung gleich, denn es müssten voraussichtlich viele Ehepaare mehr Steuern zahlen.
Ob und wie viel Frauen arbeiten, wird nicht allein durch materielle Anreize bestimmt. Es kommt insbesondere auch auf persönliche Präferenzen und gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie die Betreuungsinfrastruktur oder flexible Arbeitszeitmodelle an.
Das Ehegattensplitting fördert Solidarität in der Familie.
Die Arbeitsangebotseffekte, die durch die Abschaffung des Ehegattensplittings entstehen würden, werden häufig überschätzt. Dafür sprechen die folgenden drei Gründe:
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings wäre verfassungswidrig, denn nach dem Grundgesetz stehen Ehe und Familie unter besonderem Schutz der staatlichen Ordnung.
Die steuerliche Begünstigung von verheirateten gegenüber unverheirateten Paaren ist nicht mehr zeitgemäß.
Die Steuerersparnis steigt mit der Höhe des Verdienstes, Paaren/Personen mit mittleren bzw. hohen Einkommen werden begünstigt.
Durch die Abschaffung des Ehegattensplittings würde die Steuerlast der Person mit dem geringeren Einkommen abnehmen. Für die Person würde es sich deshalb stärker lohnen, eine Beschäftigung aufzunehmen oder mehr zu arbeiten.
Durch die steuerlichen Begünstigungen des Ehegattensplittings nimmt der Staat weniger Einkommenssteuern ein. Das Geld, das dadurch fehlt, könnte an anderer Stelle sinnvoll und gezielt für z.B. Kinder eingesetzt werden.
Die Einkommenswirkung schränkt die Erwerbstätigkeit ein, denn sie führt dazu, dass es für einen Ehepartner oder eine Ehepartnerin attraktiv erscheint, nicht oder nur geringfügig zu arbeiten. Dadurch gehen insbesondere Frauen seltener und mit weniger Wochenstunden arbeiten (siehe auch Datastory Frauen und Gleichstellung).
Problematisch daran ist nicht nur der Beschäftigungseffekt. Vielmehr verfestigen sich auch Geschlechterrollen und das damit verbundene Gesellschaftsbild, dass die Ehe mit ihrer klassischen Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau das Ideal des Zusammenlebens ist. Das Ehegattensplitting hemmt daher die gleichberechtigte Arbeitsteilung zwischen Eheleuten. Zu den Folgen zählen schlechtere Karriereperspektiven und Einkommens- und Rentenrisiken von Frauen.
Das Ehegattensplitting ist nicht an Kinder, sondern allein an die Ehe gebunden. Dadurch werden Ehepaare und nicht zielgerichtet Familien bzw. Kinder gefördert. Unverheiratete Paare mit Kindern oder Alleinerziehende bleiben außen vor.
Die Abschaffung des Ehegattensplittings würde den Fachkräftemangel reduzieren und das Arbeitsangebot um mindestens eine halbe Million Vollzeitstellen erhöhen.
Das Ehegattensplitting setzt starke Anreize für Teilzeitarbeit. In der Folge erwerben insbesondere Frauen nur geringe Ansprüche auf Lohnersatzleistungen bei Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit und auch nur geringe Rentenansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das Ehegattensplitting verstößt sowohl gegen den in der Verfassung festgehaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz als auch das im Einkommenssteuerrecht geltende Prinzip der Individualbesteuerung.
Quellen: Deutscher Juristinnenbund e.V. (2019),Fuest, C. (2021), Geis-Thöne, W. (2023), Hentze, T./Beznoska, M. (2021), Jessen, R. (2023), Klammer, U./Scherf, W./Becker, R./Wissing, H. (2017)
Beim Ehegattensplitting werden Ehepaare und Lebenspartnerschaften steuerlich auf besondere Art und Weise veranlagt: Das gesamte Einkommen wird erst zusammengerechnet und dann halbiert, die darauf anfallende Einkommensteuer berechnet, und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Dabei entsteht durch den progressiven Steuertarif im Vergleich zu unverheirateten Paaren ein „Splittingvorteil“. Durch das Splittingverfahren werden für jede Person zwei Grundfreibeträge berücksichtigt, auch, wenn einer der beiden gar keine steuerpflichtigen Einkünfte hat (vgl. DIW 2023). Darüber hinaus fällt der Einkommenssteuersatz dadurch geringer aus, dass die beiden Einkünfte fiktiv geteilt werden, und damit in der Regel in einem niedrigeren Bereich der steuerlichen Progression landen. Der Splittingvorteil fällt umso größer aus, je größer der Unterschied zwischen den beiden Einkommen ist. Deswegen ist steuerlich beispielweise attraktiv, dass eine Person Vollzeit arbeitet und die andere nur einen Minijob hat.