Ende 2022 lebten in Deutschland knapp 2,2 Millionen schutzsuchende Menschen – ausgenommen die seit Beginn des russischen Angriffskriegs geflohenen ukrainischen Staatsangehörigen. Die große Mehrheit beabsichtigt, langfristig in Deutschland zu bleiben. Eine erfolgreiche Integration dieser Personen ist daher wichtig für die gesamte Gesellschaft. Ein Teil des Integrationserfolgs bemisst sich aus der gelungenen Teilhabe am Arbeitsmarkt. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verfolgt die Arbeitsmarktentwicklung von Schutzsuchenden seit ihrer Ankunft in Deutschland über mehrere Jahre. Die wichtigsten Ergebnisse:
Anfangs arbeiten nur wenige Geflüchtete, da sie zum Teil noch Beschäftigungsverboten unterliegen oder sich in Asylverfahren befinden. Das ändert sich aber mit zunehmender Aufenthaltsdauer: Während die Erwerbstätigenquote im ersten Jahr nach Ankunft in Deutschland bei 7 Prozent liegt, steigt sie sieben Jahre nach dem Zuzug auf 62 Prozent an.
Im Laufe der Zeit entsteht ein erhebliches Gefälle zwischen den Geschlechtern: Sieben Jahre nach dem Zuzug sind etwa 26 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer erwerbstätig. Das lässt sich zu großen Teilen damit erklären, dass die Frauen sich stärker um kleine Kinder und den Haushalt kümmern. Außerdem spielen Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei Sprach- und Bildungsinvestitionen, der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten sowie der Berufserfahrung und (Aus-)Bildung im Herkunftsland eine Rolle.
Am Anfang arbeiten viele Geflüchtete in Teilzeit , in einem Minijob oder als Praktikant. Nur 28 Prozent haben im ersten Jahr einen Vollzeit-Job. Nach sieben Jahren hingegen arbeiten 69 Prozent in Vollzeit.
Auch das Anforderungsniveau der Tätigkeit erhöht sich mit der Zeit. Während 45 Prozent der Geflüchteten im ersten Jahr als Helferinnen oder Helfer angestellt sind, sinkt dieser Anteil nach sechs Jahren auf 30 Prozent. Der Anteil an Fachkräften , Spezialistinnen und Spezialisten sowie Expertinnen und Experten steigt.
Diese Entwicklungen zahlen sich aus: Das mittlere Bruttomonatsentgelt steigt von 664 Euro im ersten Jahr auf 1683 Euro im sechsten Jahr. Hauptgrund ist die gestiegene Arbeitszeit. Auch der mittlere Bruttostundenlohn steigt von 9,20 Euro auf 10,90. Damit einher geht, dass die Geflüchteten von Jahr für Jahr weniger Sozialleistungen beziehen.
Die Erwerbsbiografien von Geflüchteten in Deutschland zeigen, dass die Arbeitsmarktteilhabe stark ansteigt, je länger die Menschen hier sind. Gleichzeitig nimmt auch die Qualität der Beschäftigung gemessen am Anforderungsniveau der Tätigkeit zu, es gibt mehr Vollzeiterwerbstätige und der Stundenlöhne steigt. Dennoch bleibt ein großer Geschlechterunterschied sichtbar. Um das zu ändern, empfehlen die Autorinnen und Autoren mehrere Maßnahmen: zum Beispiel einen frühen Zugang zu Kinderbetreuung, die Förderung von flexiblen Arbeitszeitmodellen oder die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.