Die COVID-19-Pandemie hat erhebliche Folgen für den Arbeitsmarkt in Deutschland. Beschäftigte mussten kurzfristig von zu Hause arbeiten, in Kurzarbeit treten, andere Formen der Arbeitszeitkürzung hinnehmen oder wurden in einigen Fällen entlassen. Die Folgen der Pandemie wirken sich jedoch sehr unterschiedlich auf einzelne Gruppen am Arbeitsmarkt aus. Dabei sind Geflüchtete besonderen Arbeitsmarktrisiken ausgesetzt. Eine Studie des IAB zeigt, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie für Geflüchtete im Jahr 2020 hatte.
In keiner anderen Bevölkerungsgruppe ging die Beschäftigungsquote mit über 2 Prozentpunkten während des ersten Lockdowns 2020 so stark zurück wie bei der Bevölkerung aus den Asylherkunftsländern. Allerdings stieg zwischen dem ersten und zweiten Lockdown die Beschäftigung in keiner anderen Gruppe so stark an.
Der vergleichsweise stärkere Rückgang bei den Geflüchteten lässt sich damit erklären, dass sie relativ häufig in Branchen tätig sind, die stärker von einschränkenden Maßnahmen getroffen waren als andere Branchen, etwa im Transport- und Lagersektor, dem Gastgewerbe oder dem Einzelhandel.
Zudem unterliegen Geflüchtete durch die Art ihrer Tätigkeiten höheren Entlassungsrisiken: Ihre Arbeitsverträge sind überdurchschnittlich häufig befristet, sie sind stärker als andere Bevölkerungsgruppen in der Leiharbeit tätig, ihre bisherige Beschäftigungsdauer ist vergleichsweise gering und sie arbeiten häufiger als andere Gruppen in kleinen Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten.
Geflüchtete sind überproportional in Helfer- und Fachkrafttätigkeiten beschäftigt, dagegen deutlich seltener in Spezialisten- und Expertentätigkeiten vorzufinden. Je niedriger das Tätigkeitsniveau, desto höher war das Entlassungsrisiko während der ersten beiden Lockdowns.
Lediglich drei Prozent der Geflüchteten konnten ihre Tätigkeit im Zuge der Krise im Homeoffice ausüben. Bei anderen Migrantinnen und Migranten (38 Prozent) sowie Deutschen ohne Migrationshintergrund (36 Prozent) war dies deutlich öfter der Fall.
Geflüchtete (25 Prozent) und andere Personen mit Migrationshintergrund (25%) waren 2020 öfter als Personen ohne Migrationshintergrund (16 Prozent) in Kurzarbeit. Dabei waren geflüchtete Frauen mit 30 Prozent am häufigsten in Kurzarbeit.
Die Arbeitslosenquote von Geflüchteten stieg im Frühjahr und Sommer 2020 um zwischenzeitlich acht Prozentpunkte gegenüber 2019 an. Allerdings setzt sich bei den Asylherkunftsländern der Anstieg der Arbeitslosigkeit zu mehr als 70 Prozent aus den Zugängen aus Maßnahmen (Integrationskursen, anderen Sprachkursen und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen) bzw. sonstiger Ausbildung und zu weniger als 30 Prozent aus den Zugängen aus Beschäftigung zusammen.
Mit Beginn des ersten Lockdowns ist das Angebot an Maßnahmen bei allen Herkunftsländergruppen stark eingebrochen. Mit einem Rückgang von rund 30 Prozent sind die Staatsangehörigen aus den Asylherkunftsländern am stärksten betroffen. Zwischen September und Dezember 2020 ist es wieder zu einem Anstieg der Maßnahmen gekommen.
Der Abbruch und die Unterbrechung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen haben sich nicht nur auf den Anstieg der Arbeitslosigkeit, sondern auch nachteilig auf den Spracherwerb und die Bildungschancen ausgewirkt. Nach den Selbstangaben der Geflüchteten wurden 11 Prozent der Integrations- und Sprachkurse ganz abgebrochen und 73 Prozent unterbrochen, während 66 Prozent der Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen auch während des Lockdowns fortgesetzt werden konnten. Allerdings wurden auch hier 31 Prozent der Maßnahmen unterbrochen.
Dies hatte nach den Selbstangaben der Geflüchteten negative Auswirkungen auf den Erwerb von deutschen Sprachkenntnissen: So geben 43 Prozent der Geflüchteten an, dass sich ihre Deutschsprachkenntnisse im Zuge der Pandemie verschlechtert haben, 48 Prozent, dass die Pandemie keinen Einfluss gehabt hat, und 9 Prozent, dass sie sich verbessert haben. Insofern hat die Pandemie den Spracherwerb von Geflüchteten zumindest verzögert.
Quelle: Brücker/Gundacker/Hauptmann/Jascke, 2021: Die Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandmie auf Geflüchtete und andere Migrantinnen und Migranten. IAB-Forschungsbericht 5/2021.