Welche Herausforderungen bringen die aktuellen Transformationen der Arbeitswelt für Gewerkschaften und Betriebsräte mit?
Möreke: Ich glaube, man sollte vorwegschicken, dass viele Veränderungen, die gerade in den Betrieben passieren oder in den letzten Jahren passiert sind, nicht immer eine Transformation sind, sondern einfach betriebliche Veränderungsprozesse. Wir reden jetzt von Transformationsprozessen, weil wir eine neue Dimension bekommen. Wir haben einen Quantensprung bei Produkten: Nehmen wir mal die Einführung von Batteriesystemen, die Verbrennungsmotoren ersetzen oder die Einführung von Künstlicher Intelligenz und digitalen Systemen im Betrieb. Da ist es wichtig, dass die Beschäftigten in diesem Prozess mitgenommen werden. Das ist eine wesentliche Rolle, denn Betriebsräte, aber auch Gewerkschaften haben das Ganze zu begleiten, damit Arbeitsplätze sicher sind und die notwendige Qualifizierung stattfindet.
Welche Unterstützung braucht es zur Bewältigung dieser Herausforderung?
Möreke: Eine wesentliche Voraussetzung ist die Sicherheit, dass man seinen Job nicht verliert. Das ist eine Riesenherausforderung für Betriebsräte, Gewerkschaften und Unternehmen, Beschäftigungssicherung zu gewährleisten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass auch in neuen Arbeitsprozessen gute Arbeit stattfindet. Worüber reden wir bei guter Arbeit? Über gut gestaltete Arbeit, über ergonomische Arbeitsbedingungen und vieles mehr. Ganz wichtig ist, dass wir ein gemeinsames Verständnis dafür entwickeln, wie wir diese Transformation gut bewältigen können – und die Art und Weise, wie wir Arbeit gestalten wollen, gehört dazu.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Mitgliederzahlen bei den Gewerkschaften und der aktuellen Transformation?
Möreke: Es gibt insgesamt einen Trend, dass Menschen aus unterschiedlichsten Gründen aus Organisationen austreten. Das ist natürlich besonders dann der Fall, wenn Menschen Sorge um ihren Arbeitsplatz und ihr gesichertes Einkommen haben und entsprechend schauen: Wo kann ich als erstes sparen? Leider ist es ein Trugschluss, hier an der richtigen Stelle gespart zu haben, weil wir als Gewerkschaften und Betriebsräte natürlich nur so wirkmächtig sind, wie wir Mitglieder haben, die uns in Auseinandersetzungen unterstützen. Immer dann, wenn Gewerkschaften für die Beschäftigten etwas erreichen, wird sehr deutlich, welchen Wert sie haben. Ich sage immer: Die ein Prozent sind gut eingesetzt und lassen sich besser verzinsen als vieles, was wir auf der Bank anlegen. Gerade für ältere Beschäftigte ist lernen-lernen, eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation Insofern werbe ich dafür, sich gewerkschaftlich zu engagieren und Betriebsräte in ihrer Arbeit zu unterstützen.