Jedes Jahr wird rund ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse neu begonnen oder beendet. Der Fluktuationskoeffizient variierte zwischen 2007 und 2019 nur leicht (um gut 2 Prozentpunkte) – Beschleunigungstendenzen der Personalbewegungen sind nicht erkennbar.
Im zweiten Quartal 2020 sind die Personalbewegungen pandemiebedingt etwas zurückgegangen, da weniger Menschen einen neuen Job aufgenommen haben und ihren alten beendet haben. Dies erklärt sich zum einen dadurch, dass die Betriebe aufgrund hoher Unsicherheiten weniger Stellen neu ausgeschrieben haben und Beschäftigte in Krisenzeiten auch weniger gewillt sind, ihren (sicheren) Arbeitsplatz aufzugeben, um etwas Neues auszuprobieren. Zudem haben politische Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld oder Wirtschaftshilfen die Jobstabilität gefördert und Arbeitslosigkeit entgegengewirkt.
Die meisten Personalabgänge sind durch die Beschäftigten selbst initiiert, in dem sie ihr Beschäftigungsverhältnis kündigen. Mitarbeiterkündigungen spielen in Deutschland eine deutlich stärkere Rolle als andere Gründe wie Entlassungen durch den Arbeitgeber, auslaufende Befristungen oder Renteneintritte. Rund 42 Prozent der Personalabgänge gingen 2021 auf Kündigungen durch den Arbeitnehmer zurück. Damit hat sich der Wert nach dem Einbruch im Jahr 2020 (mit 37 Prozent arbeitnehmerseitigen Kündigungen) wieder etwas stabilisiert.
Zwischen den Branchen zeigen sich große Unterschiede, während im Gastgewerbe rund 62 Prozent der Personalabgänge auf Arbeitnehmerkündigungen zurückgingen sind es in der öffentlichen Verwaltung gerade einmal 20 Prozent. Hier spielten mit 36 Prozent Abgänge in die Rente eine viel größere Rolle als im Gastgewerbe mit 3,8 Prozent Renteneintritten. In dem Vergleich beider Branchen spiegelt sich auch die unterschiedliche Altersstruktur wider. Auch das Gesundheits- und Sozialwesen hatte mit einem Anteil von rund 50 Prozent im Jahr 2021 einen vergleichsweise hohen Anteil an Arbeitnehmerkündigungen.
Im Jahr 2021 haben rund 10 Millionen Beschäftigte eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (ohne Ausbildung) neu begonnen - über 43 Prozent der Wechsler haben nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihren Beruf gewechselt (Wechsel der Berufshauptgruppen von Beschäftigten mit sozialversicherungspflichtiger Vorbeschäftigung (ohne Ausbildung), s. BA, 2022, Tab 7).
Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021) gibt Antworten auf die Fragen: Wie viele Beschäftigte wechseln bei der Beschäftigungsaufnahme ihren Beruf? Welche Berufe gewinnen oder verlieren über berufliche Mobilitätsprozesse Beschäftigte? Beschreibung ausgewählter Berufsgruppen:
Berufliche Wechsel sind in Deutschland seltener als in Ländern wie beispielsweise Großbritannien (BKK Gesundheitsreport, S. 247). Dies liegt an dem in Deutschland geltenden „Berufsprinzip“ nach dem zertifizierte Qualifikationen der Beschäftigten für die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt eine große Rolle spielen. Die Folge ist, dass sich mehr oder weniger geschlossene Arbeitsmarktsegmente mit hohen Einstiegshürden bilden.
In der Regel gehen Wechsel von der Fachkraftebene im erlernten Beruf zu einer Tätigkeit auf Helferniveau mit Lohnabschlägen einher, aber es gibt auch Ausnahmen, wie eine IAB-Studie zeigt. Von einem Wechsel in eine Helfertätigkeit außerhalb ihrer Berufsgruppe profitieren beispielsweise Fachkräfte in der Gastronomie oder Arzt- und Praxishilfen (z.B. aus dem Friseurhandwerk) und Floristik, allerdings bleibt knapp jeder Vierte in der Gastronomie und rund zwei Drittel der Arzt- und Praxishilfen in ihrer erlernten Berufshauptgruppe als Fachkraft tätig. Das deutet darauf hin, dass finanzielle Motive nur einen Teil der Berufswechsel erklären können. Ein Wechsel von einer Fachkraft in eine Helfertätigkeit geht auch mit einer formalen Überqualifizierung einer, da das erworbene Humankapital in geringerem Maße genutzt wird.
Betriebliche Weiterbildungen können für Kontinuität in Beschäftigungsverhältnissen sorgen und die Mobilität von Arbeitnehmenden reduzieren (Ebner und Ehlert 2018). Teilnehmende einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Weiterbildungsmaßnahme haben eine langfristig höhere Beschäftigungswahrscheinlichkeit und höhere Monatseinkommen (Bönke et al., 2022). (Betriebliche) Weiterbildungen federn damit einerseits sich zuspitzende Fachkräftebedarfe ab und sichern andererseits die individuellen Beschäftigungschancen der Arbeitnehmenden. Laut dem Trendbericht zum Adult Education Survey 2020 ist die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland der 18-64-Jährigen nach einer Phase der Stagnation von 50 Prozent im Jahr 2016 auf 60 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Die Reichweite betrieblicher Weiterbildung ist mit rund 48 Prozent im Jahr 2020 deutlich größer als die nicht berufsbezogener Weiterbildung mit 18 Prozent oder individuell berufsbezogener Weiterbildung mit 9 Prozent. Der Nutzen der in Weiterbildungsaktivitäten erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern überwiegend positiv bewertet.
In den vergangenen drei Jahrzenten profitierte der Arbeitsmarkt durch das Arbeitsangebot der stark besetzten Jahrgänge der Baby-Boomer-Generation (Ende der 50er bis Ende der 60er Jahre). Deren altersbedingtes Ausscheiden treibt in den nächsten Jahren den Rückgang der Erwerbspersonenanzahl voran und lassen sich (vermutlich) auch nicht durch höhere Zuwanderungszahlen oder eine stärkere Erwerbsbeteiligung auffangen. Bereits für das Jahr 2030 wird ein Rückgang der Anzahl an Erwerbspersonen um 8 Prozent vorhergesagt bei moderatem Wanderungssaldo und gleichbleibenden Erwerbsquoten (in der Modellvariante mit steigenden Erwerbsquoten (Variante 5) würde sich der Rückgang auf 2,1 Prozent bis 2030 abschwächen).
Für Betriebe in einigen Wirtschaftsbereichen wird es zunehmend schwieriger Arbeitskräfte – vor allem gut ausgebildete Fachkräfte – zu finden. Im zweiten Quartal 2022 waren rund 2 Millionen Stellen unbesetzt (Daten auf Basis der IAB-Stellenerhebung), drei Viertel davon würden die Betriebe gerne sofort besetzen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist die Arbeitsmarktlage günstig, um bei einem Jobwechsel Lohnprämien und andere Leistungen zu verhandeln.