In der Pandemie war das Homeoffice ein wirksamer Schutzriegel gegen das Virus und wertvolles Instrument, um Betriebe am Laufen zu halten. Viele Beschäftigte schätzten die Vorteile des mobilen Arbeitens. Nur zu Hause zu arbeiten, ist dennoch kein Zukunftsmodell: Viele wollen die Zeit im Homeoffice reduzieren und suchen wieder Nähe und Kontakte im Betrieb. Aufschlussreiche Zahlen und Erkenntnisse, welche neue Balance sich zwischen stationär und mobil einspielen könnte.
In Corona-Zeiten war das Homeoffice ein Sehnsuchtsort. Das Arbeiten fernab vom Büro galt als Nonplusultra. So manche träumten sogar vom gemieteten Desk am Strand als neue Arbeitswirklichkeit. Etliche derjenigen, denen die Homeoffice-Möglichkeit verwehrt blieb, weil ihre Anwesenheit vor Ort notwendig war, blickten mit einem gewissen Neid auf mobile Arbeitnehmende. Doch nun deutet sich eine Wende an: Mit Blick auf das (hoffentlich) nahende Ende der Pandemie wollen zwei Drittel der abhängig Beschäftigten künftig weniger Stunden im Homeoffice arbeiten als es in den Hochzeiten der Pandemie der Fall war. Bei Frauen und Männer ist der Wunsch gleich ausgeprägt. Die Untersuchung über „mehr“ oder „weniger“ Homeoffice basiert auf der detaillierten Abfrage von mobil geleisteten Arbeitsstunden vor der Pandemie und der angestrebten Konstellation nach Überwindung der Ausnahmesituation. Hier zeigt sich: Beschäftige wollen das Arbeiten von zu Hause zwar reduzieren, aber insgesamt dort doch mehr Stunden verbringen als vor dem Auftreten von Covid-19.
Wenn das Ende der Pandemie einsetzt und die Beschäftigten ihren Wünschen gemäß weniger Homeoffice umsetzen, geht eine Situation zu Ende, die bisher beispiellos ist in den deutschen Arbeitsbeziehungen. Teilweise waren bis zur Hälfte der abhängig Beschäftigten in Deutschland zumindest stundenweise im Homeoffice tätig – für etliche war es vollständig oder immerhin größtenteils der neue Arbeitsplatz.
Nun die neue Wendung. Gerade für Unternehmen und deren Personalabteilungen ist es eine hochspannende Frage: Wie genau sollen die Arbeitsstunden zwischen mobil und stationär im Betrieb verteilt sein? Die generelle Antwort fällt so aus: Führungskräfte und Betriebsverantwortliche werden sich künftig intensiv mit Flexibilitätsbedürfnissen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auseinandersetzen müssen. Auf die Frage, wie viele Wochentage Beschäftigte mit Homeoffice-Möglichkeit zukünftig gerne von zu Hause arbeiten wollen, nennen die allermeisten (37 Prozent) keine Zahl – sondern sagen: „flexibel, nach Bedarf.“ Wenn sich die Befragten doch konkret festlegen, wird am häufigsten eine 2- oder 3-Tage-Woche angestrebt. Die Zahlen zeigen sehr deutlich, dass die Beschäftigten ein dauerhaftes Homeoffice nicht anstreben. Eine gewisse regelmäßige Anwesenheit im Betrieb sehen sie offenbar als wichtig an.
Das soziale Miteinander ist die Hauptmotivation dafür, dass die Beschäftigten wieder in den Betrieb zurück wollen. 90 Prozent der Beschäftigten nennen den persönlichen Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen als zentralen Antrieb – dieser Wert sticht deutlich hervor, denn alle andere Gründe erreichen eine mindestens 40 Prozentpunkte niedrigere Zustimmung. Anders gewendet: Der Betrieb als sozialer (Austausch-) Ort gewinnt nach gut zwei Jahren „Ausnahmezustand“ an Bedeutung zurück. Auch der nächstgenannte Grund hat eine stark persönliche Komponente: Die Hälfte der bisherigen Homeoffice-Arbeitenden will den mobilen Zeitanteil zurückfahren, um Berufliches und Privates künftig wieder besser trennen zu können.
Im teils verbreiteten Hype um das Homeoffice und die Möglichkeiten digitaler Zusammen- und Teamarbeit ging offenbar unter, wie stark und vorteilhaft die Bindung zum Betrieb von den Menschen empfunden wird. Die Gründe, warum Beschäftigte künftig mehr Zeit vor Ort statt im Homeoffice verbringen wollen, ähneln denen vor der Pandemie. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist für viele ein elementarer Teil von Arbeit – daran hat sich offenbar wenig geändert. In der regelmäßigen, breit angelegten Erwerbstätigenbefragung äußerten zuletzt acht von zehn Teilnehmenden, sich am Arbeitsplatz als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Dies hat nachweislich Effekte auf die favorisierte Arbeitsform: Wer den Betrieb als sozialen Ort schätzt, verzichtet eher freiwillig auf das Homeoffice, auch wenn es möglich gewesen wäre. Im Jahr 2018 traf das auf immerhin gut neun Prozent der Beschäftigten zu. Dass sich jetzt abzeichnende Revival von quasi „Gemeinschaftsarbeit“ außerhalb der eigenen vier Wände überrascht vor diesem Hintergrund weniger: Der Wunsch nach kollektiven Arbeitsformen ist offenbar tief verankert.
Der komplette oder teilweise Rückzug aus dem Homeoffice muss nicht zwangsläufig wieder zum Büroarbeitsplatz im Betrieb führen. Zwar würde sich die Mehrheit (51 Prozent) dafür entscheiden, wenn sie freie Schreibtischwahl hätten. Doch inzwischen entwickeln sich mit wohnortnahen Bürogemeinschaften, die in immer mehr Orten entstehen, alternative Arbeitsplatzformen zwischen Betrieb und Homeoffice, die zweierlei verbinden – nicht mehr allein am Schreibtisch und im Idealfall nur einen Sprung von zu Hause entfernt. Etwa jeder Achte (13 Prozent) würde am liebsten in einem Co-Working-Space einziehen. Je weiter der reguläre Arbeitsplatz entfernt liegt, desto attraktiver wird es. Bei Mitarbeitenden, deren Arbeitsweg länger als 20 Minuten dauert, liebäugelt schon jeder Sechste mit dieser Arbeitsplatzvariante. Nach den Vorteilen der Bürogemeinschaft befragt, erhoffen sich 90 Prozent „mehr soziale Kontakte“. Durchaus überraschend: Als Plus wird von mehr als der Hälfte empfunden, berufliche Kontakte zu Beschäftigten aus anderen Unternehmen knüpfen zu können.
Ob Büroarbeitsplatz, Bürogemeinschaft, heimischer Schreibtisch oder mit Laptop am Strand – die aktuellen Daten zeigen, dass Arbeiten in Deutschland künftig so vielfältig wie nie zuvor sein wird. Bei allen negativen Folgen der Corona-Pandemie – sozial, wirtschaftlich, gesellschaftlich – sind Veränderungen in der Arbeitswelt angestoßen worden, die von vielen Beschäftigten als Fortschritt und Verbesserung begriffen werden. Ein Kern bleibt aber offenbar. Unabhängig von Arbeitsorten und -formen besteht der Wunsch, mit anderen Menschen zusammenkommen zu können. Arbeit wird auch in Zukunft ein sozialer Ort sein.